Die
Stadtverwaltung ist Dienstleister – auch für Menschen, die an der Armutsgrenze
leben und Leistungen beantragen und empfangen. Tätigkeiten, die
Wohlfahrtsverbände für die Stadt erbringen, müssen auch entsprechende vergütet
werden. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG hat eine soziale
Verantwortung auch gegenüber armen Menschen. Und zuletzt: Manchmal wäre mehr
Mut wünschenswert, um Projekte unorthodox anzugehen. Diese vier zentralen
Themen sprachen jetzt Mitglieder der Regionalkonferenz Caritas gegenüber den
beiden Bürgermeisterkandidaten Jutta Steinruck (SPD) und Dr. Peter Uebel (CDU)
an. Getrennt voneinander hatte das Gremium - bestehend aus den Leitungen von
katholischen Einrichtungen der Stadt – die beiden zum Austausch eingeladen.
Stefan
Syren, Leiter des Caritas-Förderzentrums St. Martin, kritisierte die
Unterbringung in den städtischen Obdachlosenunterkünften als nicht
menschenwürdig. Unter den Bewohnern herrsche Angst, die hygienischen Zustände
seien unhaltbar, eine Betreuung nicht vorhanden. Gemeinsam mit Walter
Münzenberger, dem Geschäftsführer der Ökumenischen Fördergemeinschaft, fordert
er, dass bei künftigen Neubauten und in der Quartiersentwickung auch ein
begleitendes Sozialkonzept erarbeitet wird. Zudem vermisst er bezahlbaren Wohnraum
für Menschen, die keine stationäre Einrichtung benötigen, wohl aber ambulante
Betreuung. Das Modellprojekt für wohnsitzlose Frauen, das Ende 2016 startete,
sei erfolgreich und müsse dauerhaft etabliert werden.
Stefan
Syren, Einrichtungsleiter des Caritas-Förderzentrums St. Martin für
wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, forderte in der
Caritas-Regionalkonferenz mit den beiden Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl
Ludwigshafen die dauerhafte Finanzierung des Modell-Wohnprojektes für
wohnungslose Frauen. Außerdem setzte er sich für menschenwürdige Bedingungen in
den so genannten städtischen Schlichtwohnungen für Wohnungslose ein
.
Martin
Schoeneberger vom SKFM Betreuungsverein erhofft sich von der Stadtverwaltung
mehr Transparenz von Abläufen, eine bessere Erreichbarkeit von Sachbearbeitern
und ein optimiertes Antragsverfahren. Er kritisiert, dass dieselben Anträge und
Formulare wiederholt ausgefüllt werden müssen, wenn ein Klient unterschiedliche
Anliegen und Bedarfe hat. Mehr Freundlichkeit im Umgang mit den Rat- und
Hilfesuchenden fordert er ebenfalls ein. Gerade die Menschen, die für eine
Betreuung geführt wird, oder die ehrenamtlich eine solche übernommen haben,
wirke das derzeitige System abschreckend und beängstigend.
Auch
die Finanzierung der Einrichtungen und Dienste ist für Wohlfahrtsverbände
problematisch. Manche Leistungsvereinbarungen, so Birgit Andreas, Leiterin des
Caritas-Zentrums Ludwigshafen seien jahrzehntealt und berücksichtigen nicht die
gestiegenen Personalkosten. Sie wünscht sich gemeinsam mit ihrer Kollegin Beate
Czodrowski künftig mehr gemeinsame strategische Planungen und ein Bündeln aller
Kräfte. Das könne zu „passgenauen Angeboten“ führen, die für alle
kostengünstiger würde, erfordere aber zwingend eine „Kultur des
Miteinander-Redens.“ Einig waren sich alle Anwesenden, dass die Zuständigkeiten
in den vergangenen Jahren gestiegen seien – nicht aber die Finanzierung durch
die Stadt.
Michael
Röser, Leiter des Caritas-Förderzentrums St. Johannes, warb um ein
„Mut-Projekt“. „Wir wünschen uns von einem neuen Stadtoberhaupt, dass sie oder
er Dinge unorthodox angeht und innovativ ist; eine Umgebung, die positiv
gestimmt ist und nicht die Hindernisse, sondern die Wege sieht.“ Denkbar wäre
ein Leuchtturmprojekt, das eine Richtung aufzeigen kann in der Sozialpolitik,
und bei dem man „gemeinsam als Partner experimentieren kann“.
Dr.
Peter Uebel nimmt für sich in Anspruch, dass er „für innovative Handlungen
immer zu haben“ sei und verweist auf die „street docs“, die er mit gegründet
hat. Auch sein Ziel besteht in einer Stadtverwaltung, die pragmatisch und
lösungsorientiert handelt. Er weiß aus eigener Erfahrung, dass man „mit dicken
Bohrern“ arbeiten müsse und viel Fingerspitzengefühl brauche, wenn man soziale
Themen voranbringen möchte. Dennoch sei es ihm ein Anliegen, „die Ränder der
Stadtgesellschaft zu verkleinern“ und die Themen Wohnungslosigkeit,
Arbeitslosigkeit und auch Schulabbrecher voranzubringen.
Jutta
Steinruck versprach zwar keinen „Geldbeutel“, den sich mitbringen werde. Sie
vertritt die Meinung, dass nicht alles von der Stadt finanziert werden müsse,
sondern man sich verstärkt um Geldgeber umsehen müsse. „Politik darf sich nicht
am Geld orientieren“, ist ihre Meinung – und vieles könne sich ändern, wenn die
Strukturen sich verändern. Der richtige Weg dorthin bestehe aus einer
Ist-Analyse, einer Zielvereinbarung sowie der Beteiligung der freien Träger und
Vernetzung. Mehr Geld wolle sie in die Prävention investieren – und dabei
sozialraumorientiert planen.