Geburtstagskinder dürfen sich etwas
wünschen. Das Caritas-Förderzentrum St. Martin feiert am Freitag, 1. Dezember,
sein 50-jähriges Bestehen, und Einrichtungsleiter Stefan Syren hat in der Tat
Wünsche, zum Beispiel eine langfristige Versorgung von wohnungslosen Frauen und
eine standardisierte Nachsorge für ehemalige wohnungslose Menschen.
Das Caritas-Förderzentrum betreibt auch eine Fahrradwerkstatt, in der die
Kunden des Hauses mitarbeiten können. Einrichtungsleiter Stefan Syren (rechts)
lässt sich zeigen, was gerade gemacht wird.
Seit 1981 leitet Stefan Syren St.
Martin, die Einrichtung für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte
Menschen. „In der Zeit habe ich vier Sozialdezernenten erlebt“, sagt er. Einmal
ist die Einrichtung umgezogen, von der Heinigstraße an den jetzigen Standort am
Unteren Rheinufer. „Die Suche über drei Jahre nach diesem Haus zeigte, dass
Obdachlose oder von Obdachlosigkeit Bedrohte in unserer Gesellschaft nicht so
wichtig zu sein scheinen“, so Syren. „Mit rund 40 Plätzen, die das Haus bietet,
ist es extrem beengt und entspricht nicht dem, was Wohnungslose brauchen.“ Denn
es gibt fast ausschließlich Zwei-Bett-Zimmer, aber: „Die Menschen leben ja oft
auf der Straße, weil sie mit ihrem Umfeld nicht klar kommen. Und hier müssen
sie sich dann ständig absprechen und Kompromisse machen.“
St. Martin bietet drei
Notübernachtungsplätze, 24 Plätze zur Resozialisierung sowie acht Plätze im
Langzeitbereich. 18 Mitarbeiter teilen sich 13 Personalstellen, darunter
Sozialarbeiter, Mitarbeiter am Empfang, in Hauswirtschaft und Verwaltung sowie
ein Arbeitserzieher.
Sebastian Rauch ist Sozialarbeiter.
Er erzählt von einem Mann, der seit knapp zwei Jahren im
Resozialisierungsbereich lebt: „Als er nach St. Martin kam, trank er regemäßig
zu viel Alkohol, ist noch heute verschuldet.“ Mit Hilfe Rauchs hat er an
verschiedenen Maßnahmen des Jobcenters teilgenommen, Arbeitsstunden abgeleistet
und das Insolvenzverfahren ist eingeleitet. Heute weiß der Mann Mitte 40, dass
er maximal fünf bis sechs Stunden am Tag belastungsfähig ist, er sucht eine
Stelle als Hausmeister und seit einem Jahr vergeblich eine Wohnung.
Dieser „typische Fall“ führt zu zwei
weiteren Wünschen, die Syren hat: Zum einen einen Wohnungsmarkt in
Ludwigshafen, auf dem der Mann eine Chance hat: „Er bräuchte schon eine gute
Portion Glück“, meint Rauch. Zum anderen fordert er die Möglichkeit einer
Nachbetreuung: „Wir haben viele Männer hier im Haus, denen wir es inzwischen
zutrauen, dass sie draußen ihr Leben meistern“, sagen Rauch und Syren. Aber sie
bräuchten zumindest anfangs noch eine Begleitung, einen Gesprächspartner. „Wir
haben schon einige Männer erlebt, die zurückgekommen sind, weil sie es nicht
geschafft haben. Das könnte man vermeiden“, sind sie sich einig.
Schon lange hatte Syren zudem darauf
aufmerksam gemacht, dass auch Frauen von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Im
November 2016 startete in Ludwigshafen das Projekt für wohnungslose Frauen. Das
Caritas-Förderzentrum St. Martin ist der Träger. Es wurden drei Wohnungen für
fünf Frauen angemietet, die mit Unterstützung einer Sozialarbeiterin wieder
befähigt werden, ein selbstständiges Leben zu führen. Syren ist überzeugt, dass
das Projekt erfolgreich ist, und dass es notwendig ist. „Wir brauchen unbedingt
eine unbefristete Fortsetzung dieses Angebots“, wünscht er sich.
Froh ist der Einrichtungsleiter darüber,
dass St. Martin in der Stadt gut vernetzt ist – sehr gut sogar mit dem
Krankenhaus „Zum Guten Hirten“. Für den Förderkreis, der seit etwa zehn Jahren
das Haus unterstützt, ist er dankbar. Mit rund 120 Mitgliedern macht der
Förderkreis es möglich, in Einzelfällen unbürokratisch zu helfen, die Verpflegung
für die Übernachter und die Zuzahlung zu Medikamenten zu bezahlen und den
Kunden kleine Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke zu überreichen.
„Dieses Engagement tut uns gut“, sagt
Stefan Syren, zeige es doch, dass es in der Gesellschaft doch Wertschätzung für
die Arbeit und die betroffenen Menschen gebe. Daher freut er sich auch auf das
Geburtstagsfest am 1. Dezember und ist überzeugt: „Wir können stolz sein auf 50
Jahre in einer extrem wechselhaften Zeit.“